Donnerstag, 7. August 2008

Gaben der Einsamkeit


Gaben der Einsamkeit

Sie wandert durch die alten Gassen einer längst vergessenen Zeit
Andere Kinder träumen, während sie in "der" Wirklichkeit verweilt
Er wandert durch die gleichen alten Gassen der gleichen Zeit
Er ist all die gestorbenen Träume und die "andere" Welt leid

Sie musste schon früh feststellen, dass nicht jede Wunde verheilt
Er muss jetzt feststellen, dass jeden Menschen das Ende ereilt
Ein Kind ohne Hoffnung in einer Welt ohne Sicht
Und ein blinder Mann in einer Welt ohne Licht

Sie reicht ihm ihre Hände - er kann sie nicht sehen
Er schenkt ihr seine Liebe – sie weiß, sie wird vergehen
Vollkommen blind und taub für die Welt um sich herum
Sie haben nichts zu sagen und so bleiben sie stumm

Er kam in diese Welt um endgültig zu sterben
Da beginnt sie sein Leben mit Gold einzufärben
Die Gabe einem Menschen zu zeigen, man ist nicht allein
Wer man wirklich ist, ist immer mehr, als man vorgibt zu sein

Sagt sie auch nur ein Wort tritt Schmerz in sein Gesicht
Ihre helle Stimme bricht an dieser Welt wie Licht
Ihre kleinen Hände ranken sich um sein mürbe gewordenes Bein
Das kleine Mädchen und der blinde Mann sind nicht länger allein

Viele Jahrzehnte später atmet der blinde Mann reine Luft
Nicht vollkommen rein; eine kleine Priese von ihrem Duft
Gibt ihm das Gefühl, wieder ein lebendiger Mensch zu sein
Und obwohl das Mädchen nie existiert hat, ist er nicht allein

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Super schön geschrieben!
Hatte Tränen in den Augen.

Und es zielt ja mal gar nicht auf Tod und Verderben ab. ;)

Karen hat gesagt…

Jaaa, das wollte ich auch schreiben. Mal ein Gedicht, in dem niemand umkommt, sondern in dem es sich mal um was schönes dreht. Ich find' die Bilder so wunderschön, zB "Da beginnt sie sein Leben mit Gold zu färben". Das is wirklich rührend (und passt zur Gestaltung des Blogs, nebenbei bemerkt xD).

Jay Nightwind hat gesagt…

Sehr gut, sehr traurig.

Andreas Arnold hat gesagt…

Ein schönes Gedicht, lieber Marco, und eine sehr einfühlsame Geschichte, die mich wirklich angesprochen hat.

Allerdings täte es der Lesbarkeit gut, die eine oder andere Verszeile zu überarbeiten. Sehr häufig hängt es nur an einer fehlenden Silbe.

Wenn ich Dir ein Beispiel und auch gleich einen Verbesserungsvorschlag nennen darf:

Er kam in diese Welt um endgültig zu sterben
uu-uu-uu-uu-u
Da beginnt sie sein Leben mit Gold (ein-)zu färben
uu-uu-uu-(u)u-u

Durch die zusätzliche Silbe lässt es sich flüssig lesen und die Metrik ist wieder identisch mit der Bezugszeile.

Oder auch:

Ein Kind ohne Hoffnung in einer Welt ohne Sicht
u-uu-u|-uu-uu-
Und ein blinder Mann in einer Welt ohne Licht
uu-u-|-uu-uu-

Vorschlag:

Ein Kind ohne Hoffnung in einer Welt ohne Sicht
u-uu-u|-uu-uu-
Ein Mann, ganz erblindet, in einer Welt ohne Licht
u-uu-u|-uu-uu-

Lies Dir beide Versionen mal vor. Ich jedenfalls empfinde meine Vorschläge als flüssiger.

Liest Du Dir Deine Gedichte eigentlich laut vor? Falls nein, würde ich es Dir empfehlen. Das hilft mir immer sehr. Ganz gleich ob bei Lyrik oder Prosa. Lass es einen Tag liegen und lies es Dir dann laut vor. Wenn Du über etwas stolperst, markiere es und bessere es anschließend aus. Dann wieder einen Tag ruhen lassen und nochmal von vorne. Sobald Du über nichts mehr stolperst, wird auch kein anderer mehr stolpern ;-)

Ansonsten, wie bereits geschrieben, inhaltlich absolut überzeugend.

Anonym hat gesagt…

@Teresa: Danke. Tod & Verderben? Naja, kommt drauf an wie man Verderbene definiert. Hehe.

@Meadow: Schön, dass es dir gefällt. Danke. :)

@Jay: Dankeschön. ;)

@Träger des Lichts: Ja, ich lese sie mir laut vor. Immer, auch mittendrin. Und ich bin mir den Silben bewusst. Ich hab auch während des schreibens bemerkt, dass es manchmal nur an einer einzigen silbe hängt, aber ich fand den Satz wie er war, meist schöner so. Aber das "eingefärbt" ist ne gute Idee. Danke für den Comment. :)

Andreas Arnold hat gesagt…

Freut mich, dass ich Dir wenigstens eine kleine Inspiration sein konnte ;-)