Donnerstag, 11. September 2008

Blick ins Nichts

Ich sitz am Fenster, schau hinaus
Mein Blick fällt auf das Nachbarhaus
Dort steht die Tochter, wunderschön
Bezaubernd ist sie anzusehn

Ich schau etwas genauer hin
'Ne Träne tropft von ihrem Kinn
Ich frag' mich, was mit ihr nicht stimmt
Als sie verträumt das Messer nimmt

Sie zieht es sich den Arm hinauf
Die Schmerzen nimmt sie still in Kauf

Am Fenster dann erspähe ich
Die Mutter, wie sie ringt mit sich
Augen schließen oder nicht?
Verzweiflung spiegelt ihr Gesicht

Der Vater stürmt herein und schreit
Mein Gott, warum ist es so weit
Zu dir ins heile Himmelreich?

Und seine Frau wird plötzlich bleich

Sie blickt zum Himmel auf und zischt
Dein Gott da oben ist Sadist!

Ich schau zu Gott hinauf und dann
Seh' ich ihr ins Gesicht
Es sehn mich leere Augen an
Dann löscht sie still das Licht

14 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

YAY. Endlich. Gefällt mir sehr gut. Die ersten 4 Strophen kann ich gut lesen und die sind auch sehr schön geschrieben.
Bei "Verzweiflung spiegelt ihr Gesicht" stimmt irgendwas nicht. Normalerweise sagt man ja "Verzwefilung spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder." Glaube ich jedenfalls. Wüsste jetzt aber spontan nicht, was man da machen sollte....vielleicht "Verzweiflung spiegelnd im Gesicht?" oder so?

Die 5. strophe gefällt mir irgendwie nicht so gut, während die 2 nächsten wieder sehr gut sind und das "Dann löscht sie still das Licht" besonder toll ist.

*klatsch*

Jay Nightwind hat gesagt…

Ach Teresa. Es es ist eine zauberhafte Agonie.

Karen hat gesagt…

Am Anfang hat's mich erst ein bisschen an das Mädchen aus meinem Gedicht erinnert ^^ Aber die richtige Stimmung kommt schnell gut rüber.

Ich mag' das "Verzweiflung spiegelt ihr Gesicht". Ist ruft einfach ein schöneres Bild hervor und passt besser ins metrische Schema. Das übrigens prima durchgezogen wurde. Gestockt bin ich nur in der letzten Strophe, bei V2 und V4 - nur 3 Hebungen statt 4. Könnte aber gewollt sein, weil es ja das Ende ist. Das mit dem licht löschen kann man auch metaphorisch sehen. Schön gemacht. Tolles Gedicht.

Anonym hat gesagt…

Ach Jay. "Agonie" hab ich gerade in meinem Langenscheidt Lilliput für Fremdwörter nachgeschlagen... es stand nicht drin. Ich fühle mich gerade mal wieder dumm. *g* Das "zauberhaft" klingt aber positiv. :)

Bei "Verzweiflung spiegelt ihr Gesicht" war ich zunächst auch skeptisch... hab's dann aber gelassen, weil es sich so schön eingefügt hat. Und im Prinzip versteht man ja, was gemeint ist.

Die fehlenden Hebungen in der letzten Strophe sind durchaus gewollt.

Danke, ihr. :)

Jay Nightwind hat gesagt…

Teresa, damit du dich nicht mehr dumm fühlen brauchst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Agonie

Karen hat gesagt…

Mir is grad' noch was aufgefallen... Und zwar ist das "Dann" im letzten Vers irgendwie ein wenig ungeschickt, finde ich - weil schon im ersten Vers der Strophe das Wort kommt. Vielleicht kannst du das ein bisschen umstellen, zB in "Und sie löscht still das Licht". Is nur so ein Vorschlag, und da es mir erst beim zweiten Lesen aufgefallen ist, is es auch nicht weiter schlimm :-)

Anonym hat gesagt…

Dankeschön Jay. *g*

@Meadow: Den Verbesserungsvorschlag find ich nicht so schön... Wenn dann bräuchte ich ein anderes Wort für das "dann". Find grad keins, dass mir gefällt...

Karen hat gesagt…

Wie gesagt, es is mir auch erst beim zweiten Lesen aufgefallen, also überhaupt nich schlimm :-)

Andreas Arnold hat gesagt…

Liest sich sehr schön, Teresa. Die Thematik hast Du sensibel angepackt. Besonders gut gefiel mir die letzte Zeile, die Doppeldeutigkeit von dann löscht sie still das Licht. Das ist wirklich groß. Verwirrt hat mich als sie verträumt das Messer nimmt. Verträumt ist für mein Empfinden zu positiv belegt, um einen Selbstmord zu beschreiben. Bspw. verklärt empfände ich persönlich besser.
Ansonsten wirklich toll. Gern gelesen.

Anonym hat gesagt…

Interessant, dass ihr alle gleich an Selbstmord denkt, anstatt an selbstverletzendes Verhalten.
Sie nimmt "verträumt" das Messer, weil sie in dem Moment in einer Traumwelt lebt. Sie kapselt sich von der Wirklichkeit ab und bekommt gar nicht richtig mit, was sie tut bzw. sieht den Schnitt als eine Erlösung.

Karen hat gesagt…

Hmm, also ich hab' nich an Selbstmord gedacht, sondern an SSV. Deswegen fand' ich das "verträumt" auch gut.

Anonym hat gesagt…

Sehr schön.
SSV ist allerdings der Sommerschlussverkauf. ^^

Karen hat gesagt…

Argh, manchmal hasse ich mich ^^ Ich meinte SVV. Mit dem Gedicht die großen Männerschlussverkaufplakate in München zu assoziieren wär schon eine Leistung ;-)

Jay Nightwind hat gesagt…

Ich mag "verträumt", eben weil es genau dass ist, was sie nicht sein dürfte.
"Verklärt" wäre die "sozialakzeptablere" Variante. Aber genau die fände ich zu passend.